Montag, 08. April 2024: Stellungnahme zum Energieleitplan (ELP)
Wir vom Aalener Klimaentscheid begrüßen es sehr, dass seit dem 11. Dezember 2023 ein vom Büro Tilia erstellter Energieleitplan für Aalen vorliegt, über den im April im Gemeinderat (GR) abgestimmt wird. Wir haben den 146seitigen Aalener Energieleitplan (ELP) mit großem Interesse gelesen und dessen Vorstellung in den Sitzungen der Ortschaftsräte mitverfolgt.
Die anstehenden Abstimmungen im AUST und im GR nehmen wir zum Anlass, die Mitglieder des Gemeinderats dazu aufzufordern, die beschlossene Klimaneutralität bis 2035 mit höchster Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit voranzutreiben. Denn anhand des ELP wird deutlich: um hohe finanzielle Belastungen zu vermeiden, ist es notwendig, dass die politisch Verantwortlichen und die Stadt Aalen die Transformation klar priorisiert und mit Elan vorantreibt. Nur dann können wir Bürgerinnen von dem klugen städtischen Beschluss auch tatsächlich profitieren.
Jede Verlangsamung unserer Bemühungen schnell klimaneutral zu werden, treibt die Kosten in die Höhe, während jede Beschleunigung die Kosten deutlich senkt. Derzeit werden nur 25% unseres Stroms vor Ort aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Aalens Energiebedarf ist somit in hohem Maße von Energieimporten abhängig. Diese stammen aktuell überwiegend (zu ca. 80%) aus fossilen Quellen. Durch einen raschen, ehrgeizigen Ausbau von PV- und Windenergie in Kombination mit verbesserter Dämmung/Effizienz und Fernwärme können nicht nur die CO2-Emissionen massiv reduziert werden. Darüber hinaus werden Energiekosten in großem Umfang eingespart und der erwartbare Anstieg der Heizkosten abgefedert. Des Weiteren verbleiben Gewinne vor Ort, wenn Investitionskosten regional beauftragt und im Idealfall reinvestiert werden. Außerdem verringern wir unsere Abhängigkeit von internationalen Energieimporten. Gelingt es uns demgegenüber nicht, unseren Bedarf an teuren fossilen Energieträgern frühzeitig zu drosseln, drohen hohe, teilweise existenzbedrohende Energiekosten für Privathaushalte und ortsansässige Unternehmen.
Um die eindeutigen Vorteile des im ELP vorgestellten Aalener Wegs (Klimaneutralität 2035) aufzuzeigen, lohnt sich ein Kosten-Nutzen-Vergleich mit dem gesetzlich beschlossenen bundesweiten Klimaneutralitätsziel (Klimaneutralität 2045). Laut ELP fallen bei einer Umsetzung der Klimaneutralität bis 2035 für Aalen zunächst höhere Investitionskosten an, als es der Fall wäre, wenn Aalen dem bundesweiten Klimaneutralitätsziel folgen würde. Allerdings liegt das lediglich daran, dass für das Szenario des bundesdeutschen Wegs nur die bis 2035 anfallenden Kosten aufgeführt werden – die von 2035-2045 notwendigen Investitionen werden hingegen ausgeblendet. Darüber hinaus geht der ELP nicht darauf ein, in welchem Maß der Aalener Weg durch die schnellere Umsetzung der Klimaneutralität Ausgaben für importierte fossile Energieträger einspart. Dabei geht es keineswegs um einen kleinen Betrag: Nach unserer groben Überschlagsrechnung führt der Aalener Weg allein im Bereich der Energiekosten zu Einsparungen von mindestens 2,8 Milliarden Euro (s. dazu ausführlich unter Anhang – Teil I).
Aus diesem Grund und angesichts der sich beschleunigenden Klimakrise müssen die politischen Gremien und muss die Stadt Aalen so schnell wie möglich in allen Planungsbereichen in die konkrete Umsetzung kommen. Seit dem Beschluss, bis 2035 klimaneutral zu werden, sind bereits nahezu 2 ½ Jahre vergangen. Um unser Ziel zu erreichen, können wir uns keine weiteren Jahre reiner Planung leisten. Stattdessen muss sofort mit den konkreten Planungen und Umsetzungen der fünf im ELP vorgeschlagenen Startermaßnahmen begonnen werden. Wir sind überzeugt, dass noch diverse weitere Maßnahmen schnell geplant und umgesetzt werden können. Ideen dazu können in der Verwaltung, in den Gremien, im Klimabeirat sowie durch Befragung von Expertinnen und der (Quartiers)Bevölkerung erarbeitet werden.
Damit der Aalener Weg zur Klimaneutralität ein Erfolg wird, muss er politisch, finanziell und personell klar priorisiert werden. Alle Personen in den städtischen Leitungspositionen müssen ein eindeutiges Bekenntnis zum Aalener Klimaneutralitätsweg nach außen tragen und nach innen leben. Dies kann aus unserer Sicht nur mit einem deutlichen personellen Ausbau in der Verwaltung (insbesondere im Klimaschutzmanagement, aber auch im Mobilitätsbereich oder der Wirtschaftsförderung) gelingen, um so den vielen engagierten Mitarbeitenden zu ermöglichen, mit der konkreten Umsetzungsplanung zu beginnen. Wir wünschen uns, dass es Aalen gelingt, in diesem für das zukünftige Wohlergehen von uns und unseren Kindern so wichtigen Bereich, personell ideal aufgestellt zu sein. Damit alle sich einbringen können, hoffen wir, dass noch deutlich mehr Geld bereitgestellt werden kann, um bürgerliche Maßnahmen zu unterstützten, die einen Beitrag zur Klimaneutralität Aalens leisten.
Für eine erfolgreiche Umsetzung der Klimaneutralität sind umfassende CO2-Monitoringdaten unerlässlich. Denn nur durch eine engmaschige Datenerhebung, Auswertung und Darstellung können wir genau analysieren, wo wichtige Hebel liegen und wie sich ergriffene Maßnahme auswirken. Politik und Öffentlichkeit müssen regelmäßig mit jährlichen Updates versorgt werden. Sinnvoll wäre z.B. ein einfach zu verstehendes Dashboard auf der Homepage der Stadt Aalen. Für eine valide Erfolgsmessung muss die Stadt zudem eine sehr konkrete Planung der jährlichen CO2-Minderungsziele vorlegen.
Der Aalener Weg kann nur mit den Aalener Bürgerinnen und Bürgern gelingen. Deshalb fordern wird dringend dazu auf, die Bürgerschaft nicht nur zu informieren, sondern sie auch aktiv in den Transformationsprozess einzubinden. Werden die Bürgerinnen als Mitwirkende verstanden, können das vorhandene Wissen und die Handlungsbereitschaft optimal genutzt werden. Um alle Bürgerinnen und Bürger ins Boot zu holen, müssen die enormen ökonomischen Vorteile einer schnellen Umsetzung der Klimaneutralität bis 2035 klar und transparent kommuniziert werden. Darüber hinaus müssen die Aalenerinnen und Aalener konsequent über aktuell anstehende und zukünftig geplante Veränderungen informiert werden. Sie müssen frühzeitig erfahren, welche Maßnahmen sie selbst ergreifen und welche Unterstützungen sie dabei erhalten können. Zudem müssen dringend Unterstützungsleistungen für finanzschwache private Haushalte angestoßen und kommuniziert werden.
Für eine umfassende Transformation brauchen wir die volle Unterstützung der Aalener Industrie, die für ca. 50% des Aalener CO2-Fußabdrucks verantwortlich ist. Sie muss stärker als bislang in die Planung der klimaneutralen Zukunft integriert und dabei unterstützt werden, ihren Beitrag zur Klimaneutralität transparent zu machen. Alle Unternehmen sollten seitens der Stadt ermutigt werden, sich öffentlich (z.B. durch einen Beitritt zur Aalener Erklärung) zum Ziel der Klimaneutralität bis 2035 zu bekennen. Es kann nicht genug betont werden, dass Unternehmen, die sich frühzeitig auf die geänderten Rahmenbedingungen und Märkte einstellen, einen wirtschaftlichen Vorteil haben werden. Das sichert Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen. Im Sinne der Aalener Bürgerinnen sollten Unternehmen, die der Aalener Erklärung beigetreten sind, die Möglichkeit erhalten, Daten zu ihren bisherigen und zukünftigen Maßnahmen auf einer gemeinsamen Plattform zu veröffentlichen. Durch eine solche Transparenzoffensive präsentiert sich Aalen gegenüber Investor*innen und interessierten Fachkräften als zukunftsträchtige und klimaresiliente Kommune.
Anhang mit Erläuterungen und weiteren Ausführungen
Teil I: Erläuterungen zum prognostizierten Einsparpotential des Aalener Wegs
Teil II: kritische Positionierung zu den einzelnen Unterkategorien des ELP
Anhang – Teil I: Erläuterungen zum prognostizierten Einsparpotential des Aalener Wegs
Der ELP prognostiziert für die Investitionen, die im Rahmen des Aalener Wegs anfallen werden, Kosten in Höhe von 2-3 Milliarden (ELP-Anlage 2, S. 21). Würde Aalen den langsameren, bundesweiten Weg (ELP-Szenario 1) gehen, werden demgegenüber bis 2035 nur 1-1,5 Milliarden angesetzt. Unberücksichtigt bleiben in diesem Zusammenhang allerdings die zwischen 2035-2045 anfallenden Kosten (ELP-Anlage 2, S. 38). Um eine gute Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen zu können, gehen wir deshalb nachfolgend auch für den bundesdeutschen Weg von Investitionskosten in einem ähnlichen Bereich aus, wie sie im Fall des Aalener Wegs anfallen werden (Schwankungen durch Inflation oder steigende/sinkende Preise bleiben bei dieser Annahme außen vor).
Entscheidend ist: während die erwartbaren Kosten sich bei beiden Szenarien (Klimaneutralität bis 2035 vs. Klimaneutralität bis 2045) in einem ähnlichen Bereich bewegen dürften, besteht im Bereich der Ausgaben für fossile Energien ein sehr relevanter Unterschied: Nach unserer groben Überschlagsrechnung führt der Aalener Weg im Bereich der Ausgaben für fossile Energien zu Einsparungen in Höhe von mindestens 2,8 Milliarden Euro (s. dazu im Folgenden) – sehr wahrscheinlich fallen die Einsparungen sogar noch deutlich höher aus. D.h. selbst wenn die Investitionskosten im Fall des bundesdeutschen Weges etwas niedriger ausfallen könnten: dass sie das Einsparpotential des Aalener Weges unterschreiten, ist mehr als unwahrscheinlich.
Warum senkt der Aalener Weg (Klimaneutralität bis 2035) die Ausgaben für fossile Energien um mindestens 2,8 Milliarden Euro?
Nimmt man die Verbrauchszahlen für fossile Energie aus dem ELP und gängige Marktzahlen, dann gibt Aalen aktuell (Unternehmen und Privathaushalte zusammen) über 330 Mio. €/Jahr für fossile Energie aus. Anhand dieses aktuellen Bedarfs und der im ELP enthaltenen Emissionskurve zur voraussichtlichen Abnahme des Energieverbrauchs an fossilen Brennstoffen , lassen sich die zukünftig zu erwarteten Ausgaben für fossile Energien relativ gut prognostizieren. Vorweg sei gesagt, dass wir bei unseren Berechnungen bewusst sehr niedrige Kosten für fossile Energie und CO2-Preise angesetzt haben. Anders formuliert: in Wirklichkeit ist mit noch wesentlich höheren Kosten einer verzögerten Klimaneutralität zu rechnen.
Unsere Grundannahmen zur Preisentwicklung:
(1) Die heutigen Energiepreise bleiben bis zum Erreichen der Klimaneutralität konstant.
(2) Sowohl Privathaushalte als auch die Industrie bezahlen nur die aktuellen (sehr günstigen) Gas- und Strompreise der Industrie (was für die Privathaushalte eigentlich unrealistisch ist).
(3) Wir beziehen die bis 2045 prognostizierten CO2-Preissteigerungen ein, die aus der Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hervorgehen.
(4) Wir nehmen außerdem an, dass der erwartete CO2-Preisanstieg bis 2045 um 20% niedriger ausfällt, als von Experten derzeit erwartet (nur 325 statt 400 €/Tonne).
Nutzt man diese Grundannahmen und die Emissionskurve zur Abnahme des Energieverbrauchs an fossilen Brennstoffen aus dem Aalener ELP, kommt man zu folgendem Ergebnis:
=> Ist der Aalener Klimaneutralitätsplan im Jahr 2035 erfüllt, belaufen sich die bis dahin angefallenen geschätzten Gesamtkosten für nicht-regenerative Energien (inkl. CO2-Kosten) auf rund 3,7 Mrd. Euro. Danach liegen unsere Ausgaben für fossile Brennstoffe bei null.
=> Würde Aalen stattdessen den bundesdeutschen Klimaneutralitätsweg gehen, beliefen sich die bis 2035 angefallenen geschätzten Gesamtkosten für nicht-regenerative Energien (inkl. CO2-Kosten) auf 5,1 Mrd. Euro. Außerdem würden aufgrund der anhaltenden Nutzung fossiler Energien und des immer weiter steigenden CO2-Preises im Jahr 2035 noch Energiekosten in Höhe von rund 300 Mio. € anfallen. Bis zum Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2045 müsste Aalen wegen der längeren Nutzung fossiler Brennstoffe für Gesamtenergiekosten von (optimistisch geschätzten) 6,5 Mrd. Euro aufkommen. Der bundesdeutsche Weg ginge also mit höheren Energiekosten von mindestens 2,8 Milliarden Euro einher – Ausgaben die wir durch unseren Aalener Weg einsparen können!
Bedenkt man, dass die getroffenen Annahmen zur Preisentwicklung bei fossilen Energien auf sehr optimistischen Grundannahmen fußen, wird klar, dass die realen Mehrkosten einer langsameren Transformation sogar noch deutlich höher liegen dürften.
Anhang – Teil II: Kritische Positionierung zu den verschiedenen Unterkategorien des ELP
Positionierung zur anvisierten CO2-Reduktionsrate
Vergleicht man die im ELP gezeigten Daten aus dem Jahr 2021 mit denen des Aalener Energie- und Klimaschutzberichts 2018, so ergibt sich in diesem Zeitraum ein Rückgang von ca. 2,6% pro Jahr. Damit liegt Aalen bereits jetzt über der Reduktionsrate, die der ELP für die ersten zehn Jahre ansetzt, wenn im Sinne des bundesweiten Wegs die Klimaneutralität bis 2045 angestrebt wird (Szenario 1). Die realen Daten zeigen somit, dass Aalen sich bereits auf dem richtigen Weg befinden. Allerdings müssen wir noch deutlich besser werden. Im ELP wird für den Aalener Weg (Szenario 2) eine CO2-Reduktionsrate von 3,1% pro Jahr bis 2029 und von 7,5% pro Jahr bis 2035 veranschlagt. Dass eine hohe Reduktionsrate auf das Jahr 2030 verlagert wird, macht stutzig. Weitaus realistischer und auf lange Sicht kostengünstiger erscheint es uns, eine gleichbleibende Reduktionsrate von 5% anzustreben.
Noch besser, sowohl aus Kosten-Sicht als auch zur Abwendung der Klimakrise, wäre eine beschleunigte Reduzierung in den ersten Jahren. Dabei kann uns helfen, dass die Klimaneutralität in manchen Bereichen mit geringerem, in anderen Bereichen mit sehr hohem Aufwand verknüpft ist. Deswegen sollten die einfacheren Maßnahmen schnell umgesetzt werden, um sich für die schwierigeren Maßnahmen ggf. etwas länger Zeit lassen zu können.
Positionierung zum Bereich Energieeinsparungen
Um bis 2035 klimaneutral zu sein, muss die derzeitige Rate für die energetische Modernisierung von Gebäuden laut ELP verdoppelt werden. Das bedeutet, dass ehrgeizigere Energieeinsparungen durch verbesserte Dämmung und Effizienz (laut ELP ca. 15-20 %) unbedingt erforderlich sind. Energieeinsparungen sind ein mächtiger Hebel. Wenn wir die Energiemenge (Wärme und Strom), die wir verbrauchen, durch eine bessere Gebäudedämmung oder eine höhere Effizienz der von uns betriebenen Anlagen/Geräte verringern, sparen wir gleich dreifach: wir senken unsere Energierechnungen und reduzieren dadurch auch die Menge an erneuerbarer Energie, die wir produzieren müssen. Außerdem reduzieren wir die notwendige Energie-Infrastruktur, die in Aalen bereitgestellt werden muss. Wichtig ist dabei, sich bei der Sanierung zu Beginn vor allem auf die älteren unsanierten Gebäude zu konzentrieren. Das kann z.B. durch gezielte Fördermaßnahmen erreicht werden.
Positionierung zum Bereich Energie(gewinnung)
Um bis 2035 klimaneutral zu sein, muss Aalen den Ausbau der erneuerbaren Energien aus PV und Wind massiv erhöhen. Laut ELP bedeutet das konkret, dass jedes dritte geeignete Dach mit PV ausgestattet werden muss. Zudem muss die Windkrafterzeugung durch Repowering und Neubau auf 300GWh versechsfacht werden. Der rasche Ausbau von Windkraft und Photovoltaik ist auf mittlere Sicht hochprofitabel. Für alle Unternehmen und Hausbesitzer mit großen, geeigneten Dachflächen bietet die Energiegewinnung durch PV ein enormes Sparpotential gegenüber den hohen Kosten fossiler Energieträger. Selbst die Installation von PV-Anlagen auf kleineren Dachflächen amortisiert sich in der Regel innerhalb von circa 10-15 Jahren. Diese Amortisationszeit kann bei denjenigen, die einen größeren Teil ihrer Energie selbst verbrauchen (z. B. Elektroauto oder Wärmetauscher), noch weiter verkürzt werden. Einige PV-Projekte könnten sogar mehr Energie produzieren, als sie benötigen, was zu deutlich kürzeren Amortisationszeiten führt. Zudem stellt der Ausbau erneuerbarer Energien sicher, dass die Wertschöpfung in unserer Region verbleibt. Da insbesondere finanziell schwächere Haushalte Schwierigkeiten haben dürften, die Investitionskosten zu stemmen, sollte geprüft werden, wie die Stadt sie z.B. durch Bürgschaften und vergünstigte Kredite unterstützen kann.
Kritisch anzumerken bleibt, dass Windenergie als ergänzende erneuerbare Energiequelle im ELP zu wenig Berücksichtigung findet. Offen bleibt, inwieweit wir in Aalen im Bereich Windenergie ähnliche, gewinnbringende Lösungen verfolgen könnten, wie andere Städte, um uns selbst mit billigerer Energie zu versorgen und zugleich eine zusätzliche lokale Einkommensquelle zu erschließen (vgl. dazu das Beispiel des Rhein-Hunsrück-Kreises, der als Energiekommune des Jahrzehnts ausgezeichnet wurde und massiv von einer frühen Investition in regenerative Energien profitiert).
Positionierung zum Bereich Wärme
Um den Wärmebedarf industrieller Großverbraucher zu decken, ist ein Anschluss ans Wasserstoffkernnetz laut ELP unerlässlich. Darüber hinaus ist im ELP eine erhebliche Ausweitung der Fernwärmeversorgung (+100km) vorgesehen – inklusive einer Einbindung ausgewählter Gebiete in Wasseralfingen und Unterkochen. Auf diese Weise könnten auch ältere Gebäude vom volatilen Markt für fossile Brennstoffe unabhängig und klimaneutral werden – Letzteres allerdings nur dann, wenn die Stadt sicherstellt, dass die Fernwärme aus erneuerbaren Energiequellen stammt.
Unserer Meinung nach ist das Thema Wärmeenergie in Aalen besonders kritisch. Denn selbst wenn alle im ELP vorgeschlagenen Fernwärmegebiete tatsächlich realisierbar sein sollten und die Stadt und die Stadtwerke für eine regenerative Energiequelle sorgen können, wird der Großteil der Aalener Wohn- und Gewerbegebiete keinen Zugang zum Fernwärmenetz haben. Wir fragen uns: welche konkreten, umsetzbaren Lösungsstrategien sind hier angedacht? Im ELP wird v.a. der Einsatz von Biomasse diskutiert. Wir bezweifeln allerdings, dass die vorgeschlagene massive Nutzung von Biomasse eine gute Lösung ist, um Gebäude, die nicht energetisch aufgerüstet werden können und Gebiete, in denen keine Fernwärme verfügbar ist, mit Wärme zu versorgen. Denn die Menge der tatsächlich verfügbaren Biomasse scheint nicht mit dem später im ELP genannten Bedarf übereinzustimmen (die verfügbare Biomasse beläuft sich laut ELP S. 53 Abb. 32 auf nur 55GWh, die für den Aalener Weg veranschlagte Biomasse laut ELP S. 99 Abb. 59 jedoch auf 355GWh). In diesem Bereich müsste also Biomasse aus nichtregionalen Quellen zugekauft werden. Da dieser hohe Anteil wohl kaum durch Abfallholz gedeckt werden könnte und eine Verwendung von Anbaubiomasse aufgrund ihrer Konkurrenz mit dem Lebens- und Futtermittelanbau hochproblematisch ist, stünde zu befürchten, dass beispielsweise Holzpellets zweifelhafter Herkunft verwendet werden müssten – was den für die natürliche CO2-Reduktion so wichtigen Baumbestand gefährden würde. Hinzu kommt, dass bei der Verbrennung von Holz gesundheitsschädlicher Feinstaub und Stickoxide sowie neben CO2 auch die klimaschädlichen Treibhausgase Methan und Lachgas emittiert werden. Zum Thema Biomassenutzung sei zudem auf die Europäische Umweltagentur verwiesen, die vor drohenden Engpässen warnt, wenn für zu viele Bereiche große Mengen von Biomasse eingeplant werden.
Positionierung zum Bereich Verkehr
In Bezug auf den Verkehr wird im ELP pauschal vorausgesetzt, dass jedes motorisierte Fahrzeug vollständig elektrifiziert werden müsse. Bei diesem Vorgehen werden die hohen individuellen Kosten für den Ersatz der Fahrzeuge einfach ausgeblendet – obwohl diese Kosten für große soziale Verwerfungen sorgen können. Vollkommen unbeachtet bleibt die Frage, inwiefern die Nachfrage nach motorisierten Verkehrsmitteln durch eine Verbesserung von Bussen, Fahrgemeinschaften, Carsharing, Fahrrädern oder Fußwegen verringert werden könnte. In der weiteren Planung würden solche Maßnahmen sowohl die Klimaneutralität voranbringen, als auch finanzielle Belastungen der Transformation abfedern.
Uns ist bewusst, dass der Verkehrsbereich inhaltlich nicht zum vorgelegten Energie- und Wärmeleitplan gehört. Umso wichtiger ist es, dass der geplante und versprochene Klimamobilitätsplan so schnell wie möglich ausgearbeitet und vorgelegt wird.