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Donnerstag, 18. Januar 2024: Wir nehmen Stellung zur Klinik-Standortdebatte

Das Bild zeigt das Klimaentscheid Aalen Logo

Stellungnahme des Klimaentscheid Aalen zur Standortsuche für den gesundheitlichen Regionalversorger im Ostalbkreis

Die Bürgerinitiative „Klimaentscheid Aalen“ unterstützt die Stadt Aalen aktiv dabei, die Entscheidung umzusetzen, bis 2035 klimaneutral zu werden. Diese städtische Entscheidung beruht auf der Erkennt­nis, dass die Klimakrise nur aufgehalten werden kann, wenn Klimaneutralität und Nachhaltigkeit im Gro­ßen wie im Kleinen immer mitgedacht werden – global, regional und lokal. Aus eben diesem Grund halten wir es für unerlässlich, Stellung zu beziehen zur aktuellen Debatte um die Suche nach einem passenden Standort für den gesundheitlichen Regionalversorger im Ostalbkreis. 

Allgemeine Forderungen 

Grundsätzlich gibt es keinen Standort ohne „klimatische Knackpunkte“. Je nach Konzeption sind in jeweils unterschiedlichem Ausmaß verschiedene Schutzgüter betroffen (Boden, Fläche, Wasser, Luft, Klima, Landschaftsbild und Erholung, Lebensräume, Flora, Fauna, Frischluftschneisen / Grünzäsur etc.). Bei drei der diskutierten Standorte würden zudem Eingriffe in unbebaute Flächen notwendig. Hinzu kommt, dass Baumaßnahmen im Allgemeinen und Neubaumaßnahmen im Besonderen mit ho­hen CO2-Emissionen verknüpft sind. Deshalb fordern wir, dass schon frühzeitig in der Standortaus­wahl erwartbare Treibhausgasemissionen sowie klimatische und ökologische Auswirkungen objektiv analysiert und verglichen werden. Denn nur dann können sie rechtzeitig in die Entscheidungsfindung einbezogen und spätere Überraschungseffekte minimiert werden.

Aufgrund der globalen Erwärmung ist zukünftig mit mehr und intensiveren Hitzewellen zu rechnen und es erhöht sich die Gefahr von Hitzeextremen mit einer kritischen Toleranzschwelle für Landwirt­schaft und Gesundheit (vgl. 6. IPCC-Bericht, Weltklimarat / Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klima­veränderungen). Eine zukunftsfähige Entscheidung muss deshalb die globale Klimakrise und ihre Fol­gen unbedingt mitdenken. Dennoch wirkt es zumindest von außen betrachtet so, als würde im Ge­flecht lokal- und regionalpolitischer Überlegungen lediglich versucht, auf Basis des aktuellen Status Quo ein stabiles wirtschaftliches Szenario zu entwickeln. Doch bis die gewählte Lösung gebaut ist, wird die Welt mindestens in klimatischer Hinsicht eine andere sein – mit möglicherweise unmittelba­ren Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit eines Klinik(neu)baus.   

Spezifische Kritikpunkte

Für die anstehende Standort-Auswahlphase mahnen wir konkret an, das Kriterium Ökologie und Nachhaltigkeit mit einem höheren Stellenwert in die Betrachtung einzubeziehen: Das Nachhaltig­keitskriterium im Zukunftskonzept der Kliniken Ostalb mit nur 10 % zu gewichten, ist angesichts der akuten Klimakrise deutlich zu wenig (vgl. Anlage 1 zu Vorlage Nr. 153/2023, Top 3.2 Sitzung des Ver­waltungsrates Kliniken Ostalb, Sept. u. Okt. 2023). Darüber hinaus sollten bei den Eignungskriterien der Grundstücksauswahl Nachhaltigkeit und Ökologie als wichtige Kriterien mitgedacht werden, statt sie, wie bisher, völlig auszuklammern. 

Das Endera-Gutachten ist aus unserer Sicht stellenweise nicht nachvollziehbar und es wirkt insgesamt wer­tend. So werden die Optionen Neubau und Kombilösung beide jeweils mit „gut“ (80%) bewertet, ohne dass dies ausreichend begründet würde. Auch bleibt unklar, warum für den Umbau im Fall der Erweiterungs- und der Kombilösung jeweils eine extrem lange Umsetzungsphase von 25 Jahren ange­setzt wird, wohingegen für einen Neubau lediglich 10 Jahre veranschlagt werden. Deutlich transpa­renter und nachvollziehbar wäre es, hier die Grundsätze der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) anzusetzen. 

Aufgrund der mit einem Neubau verbundenen hohen CO2-Emissionen und des dann anfallenden massiven Flächenverbrauchs fordern wir die politischen Verantwortungstragenden dringend dazu auf, die aktuelle Gewichtung eines Neubaus kritisch zu hinterfragen. Davon abgesehen ist es unbe­dingt notwendig, bei allen Baumaßnahmen Faktoren wie die Verwendung nachhaltiger Baumateria­lien, den Erhalt grauer Energie, eine flächensparende Bauweise, ein nachhaltiges Wassermanage­ment, den Schutz vor Überhitzung, eine klimafreundliche Logistik etc. zu berücksichtigen. Auch hier empfehlen wir die Berücksichtigung der Grundsätze der DGNB, die sowohl ökonomische als auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen.

Abschluss

Voraussetzung für eine zukunftsträchtige Entscheidung ist (über)regionaler Gemeinsinn statt lokal­zentrierte Kirchturmpolitik. In diesem Sinne appellieren wir an die Kreisrätinnen und Kreisräte im Os­talbkreis eine Entscheidung zum Wohle der Bürgerschaft und zum Besten für das Klima im Kreis zu treffen. Die Bürgerinnen und Bürger haben Anrecht auf eine klimaresiliente, nachhaltige Lösung für alle – zum Wohl der Mitarbeitenden, der Patienten und des gesamten Ostalbkreises. Eine solche Lö­sung dürfte sich im Übrigen auch mittel- und langfristig als wesentlich wirtschaftlicher erweisen als Maßnahmen, die Klimaschutz nicht ernst nehmen und damit unabsehbare Folgekosten auf die gegenwärtigen jungen und auf zukünf­tige Generationen verlagern.