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5. Juni 2023: Fahrraddemo auf der B19

Kundgebung an der Bohlschule, Aalen, zu Beginn der Fahrraddemo

Die Stimmung war gut, als wir bei heißen Temperaturen nach kurzen Redebeiträgen gemeinsam mit ca. 150 Teilnehmenden von Aalen aus über die vollgesperrte B19 zum großen Kreisel bei Oberkochen fuhren. Dort fand gemeinsam mit den 150 Teilnehmer*innen, die aus Heidenheim gekommen waren, eine zweite Kundgebung für die Einrichtung eines Radschnellwegs zwischen Aalen und Heidenheim statt.

Unser Redebeitrag auf der Fahrraddemo

Als Klimaentscheid Aalen stehen wir zu 100% hinter den Zielen einer umfassenden Mobilitätswende!

20% der Treibhausgasemissionen in Deutschland gehen auf den Straßenverkehr zurück. Für die deshalb dringend notwendige Verkehrswende müssen wir nicht die Enthusiast*innen überzeugen! Stattdessen geht es um diejenigen, die sich einen Umstieg noch nicht vorstellen können, weil er bislang vor allem eines ist: maximal unbequem!

Als Gesellschaft haben wir uns in den vergangenen 50 Jahren daran gewöhnt, alles bequem mit dem vollklimatisierten Auto erreichen zu können. Demgegenüber schneiden die Angebote der Mobilitätswende schlecht ab: Die Bahn wurde und wird kaputtrationalisiert bzw. kaputt-privatisiert. Die Busse fahren selten und sind gerade für Spontannutzer*innen deutlich teurer, als ein Parkticket in den meisten Innenstädten. Radfahrende sowie Fußgänger stehen in der Straßenhierarchie ganz unten und das heißt da, wo es maximal unbequem und vor allem auch maximal gefährlich ist.

Ein persönliches Beispiel: Wenn ich mich aufs Rad schwinge und meine Kinder einmal quer durch Aalen zum KUBAA und zurück vor mir her dirigiere, dann weiß ich: diesen Totalstreß kann ich niemandem glaubwürdig weiterempfehlen! Wenn ich durch Schneematsch schlittere, der nach der Durchfahrt der Räumfahrzeuge auf dem Fahrradstreifen liegen geblieben ist, dann denkt sicher keine überholende Autofahrerin, „Wow, das möchte ich auch mal machen!“ Wenn ich meinen Mann nach einer Fahrradfahrt nach Oberkochen und zurück über Beinaheunfälle, Gefahrenstellen und ineffektive Radwegeführung fluchen höre, dann ist klar: das machen nur Idealist*innen dauerhaft mit.

Damit richtig viele mitmachen, müssen wir die Mobilitätswende auf einem roten Teppich ausrollen!

Deshalb müssen sich die Entscheidungstragenden fragen: Wann ist Radfahren eine wirklich attraktive Alternative? Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Radfahrenden schnell, sicher und ungehindert vorankommen, während ich mit dem Auto im Stau stehe. Wenn sie an der Ampel und im Kreisverkehr Vorrang haben, während ich mit dem Auto warten muss. Wenn sie ihre Räder wettergeschützt und sicher direkt am Eingang der Firma abstellen können, während ich Mühe habe, einen guten Parkplatz zu finden, der annähernd in Laufnähe ist. Wenn in dann höre, wie radfahrende Mitarbeitende ihre Fitnessleistungen auf dem Arbeitsweg vergleichen, während ich selbst erst knapp 100 Schritte gemacht habe, dann denke ich wahrscheinlich wirklich: „Wow, das möchte ich auch mal machen!“

Es ist offensichtlich: Damit die Verkehrswende erfolgreich ist, muss sie für uns Bürgerinnen und Bürger so bequem, attraktiv und selbstverständlich wie möglich gemacht werden!

Zum Vergleich: in den kleinen Niederlanden gibt es mehr als 35.000km Radwege – das entspricht einem Viertel des landesweiten Straßennetzes für Autos. Passend dazu wurden im Jahr 2018 mehr als ein Viertel aller Fahrten in den Niederlanden mit dem Fahrrad zurückgelegt. Bei Fahrten unter 7,5 km waren es sogar mehr als ein Drittel aller Fahrten.

Viele von euch kennen den Spruch, „wer Straßen baut, erntet Verkehr“. Die Niederlande belegen: „Wer Radwege baut, wird Radverkehr ernten“

Deshalb sind Analysen anhand aktueller Nutzungszahlen nicht zielführend. Als Vertreterin des Klimaentscheids fordere ich die Entscheidungstragenden für die Mobilitätswende auf: fragt nicht aktuelle Nutzungszahlen ab, sondern macht unwiderstehliche Angebote!

Blick auf die Kundgebung am SMT-Kreisel in Oberkochen